Unsere Route

Warten, bis Karte sich öffnet (kann einige Sekunden dauern)... das Zelt zeigt unseren letzten Standort.

Wir freuen uns auf einen Blog-Eintrag von Euch:

Der Bericht

Williamsport - Washington D.C. (29.09.2024 bis 02.10.2024)


Wir sind angekommen! In genau 90 Tagesetappen sind wir von Calgary quer durch die USA nach Washington DC geradelt. Wir sind sehr dankbar für diese unfallfreie und problemlose Tour. Nur einen Plattfuss musste Martin reparieren. Wir staunen immer wieder, wie robust unsere Velos und die Gepäckträger sind. Das Gerumpel über die Schlaglöcher und Steine sowie die Fahrt über Scherben und was sonst so immer auf den Strassen lag ist manchmal schon ziemlich arg. Bereits schauen wir glücklich und zufrieden auf die vielen schönen Erlebnisse und Begegnungen zurück und empfinden einmal mehr die Bereicherung einer solchen Tour. Die letzten Tage entlang des C&O Canal Towpath waren geprägt durch das regnerische Wetter. Wobei die Voraussagen tatsächlich jeweils schlechter waren, als es dann schlussendlich kam. Der Veloweg führte vornehmlich dem Potomac River entlang, welcher anfangs noch recht beschaulich daherkam. Als dann der Shenandoah River dazustiess, wuchsen die Wassermassen auf ziemlich grosse und wilde Dimensionen an. Dies waren auch die Auswirkungen von Hurricane Helene, welcher mit enormer Wucht durch einige Staaten der USA fegte und riesige Zerstörung hinterliess. Der Canal selber ist ein eindrückliches Bauwerk. Gebaut in Etappen von 1831 bis 1850 von Cumberland bis Washington DC umfasst er auf einer Länge von rund 300 Kilometer insgesamt 74 Schleusen, durch welche die Maultiere die Schiffe zogen. Es ist heute kaum vorstellbar, wie das ohne Baumaschinen gebaut werden konnte. 1924 wurde der Schiffsbetrieb eingestellt bzw. durch die Eisenbahn abgelöst. So sind wir also auf dem Towpath direkt in Washington DC eingefahren. Hier haben wir Bill, Kim, Sheryl und Boris nochmals getroffen und zwei ganz tolle Abende verbracht. Das ‘Celebration Dinner’ an der Wharf von Washington bleibt sicher unvergesslich. Der Abschied von unseren neuen Freunden fällt uns schwer! Wir selber werden noch bis Ende Oktober in den USA verbleiben. Aufgrund von Hurricane Helene müssen wir unsere Mietwagen-Reise ziemlich umplanen. Wir hoffen noch auf ein paar Camping-Nächte. Die Temperaturen im Moment sind toll, die Sonne ist zurück! Der Bericht über die nächsten vier Wochen erscheint dann erst im November, nachdem wir wieder in ‘good old Switzerland’ gelandet sind. Wir bedanken uns bei Euch allen fürs Mitlesen und ‘Mitreisen’ und die vielen Rückmeldungen.

 Herzliche Grüsse und bis bald, Christa und Martin

Pittsburgh - Williamsport (22.09.2024 bis 29.09.2024)


Mir kommt die Ehre zu, das nicht mehr Erwartete zu verkünden: Bei uns regnet es! Bisher nicht besonders stark, aber immer mal wieder. Und es sieht so aus, als das nasse Wetter bis zu unserer Ankunft in Washington anhält. Immerhin ist es weiterhin warm, so dass wir immer noch kurz/kurz fahren können. Nur das Timing mit dem Regen ist etwas ungünstig. Sind wir doch jetzt fast ausschliesslich auf Naturstrassen unterwegs, welche durch den Niederschlag aufgeweicht und glitschig sind. So kommt Christa gezwungenermassen zu einem täglichen Technik-Training, das sie von mir nie haben wollte. Aber sie macht ihre Sache erstaunlich gut. Wegen des Regens ist campen gerade nicht mehr so in. Immerhin konnten wir anfangs diese Woche nochmals ein gemütliches «Campfire» geniessen, dank einem Adirondack-Shelter, wo man bei schlechtem Wetter recht gut geschützt ist (Hütte mit drei Wänden / eine Seite offen). So wie die Wetteraussichten aussehen, aber war es das wohl. Aktuell übernachten wir in Hotels oder B&B’s. Besonders schön war das Yoder’s Guest House. Dort arbeitet Loretta, eine Mennonitin, welche Christa so gleich in ihr Herz geschlossen hat. Die Sympathie aber war gegenseitig. Sie hat Christa einiges über ihre Lebensweise erzählt. Spannend! Auf dem GAP-Trail, welcher uns von Pittsburgh nach Cumberland führte, haben wir ähnlich wie auf dem Jakobsweg immer wieder die gleichen Leute getroffen. Bald wurden wir wegen unserer stets gehissten Schweizerfahne von den anderen mit «Swiss-Friends» gegrüsst. Seit rund vier Tagen treffen wir am Abend immer wieder auf Bill, Kim, Sheryl und Boris. Auch sie sind mit dem Fahrrad auf dem Weg von Pittsburgh nach Washington. Boris ist wie wir unterwegs zur Dreiergruppe dazu gestossen. Er kommt ursprünglich aus Bosnien. In Paw Paw (Dorf in West Virginia) hatten wir alle zusammen ein ganzes Guesthouse für uns alleine und eine gute Zeit. Der gemeinsame Abend mit einem Bier in der Hand auf der Porch (= Veranda des Hauses) wird uns sicher noch lange in Erinnerung bleiben. So, nun haben wir noch ganze drei Etappen vor uns und dann ist es geschafft. Die Amerikanische Hauptstadt ist nicht mehr fern…

 Martin

Cleveland - Pittsburgh (15.09.2024 bis 22.09.2024)


Bequem und entspannt fuhren wir auf dem Veloweg durch die Grossstadt Cleveland an den ‘Lake Erie’. Der See ist mit 388 Kilometer Länge und 92 Kilometer Breite der zweitkleinste der fünf grossen Seen zwischen den USA und Kanada. Und dieser Umweg hat sich wirklich gelohnt. Es folgten ganz tolle Etappen, immer dem See entlang. Viele schöne Anwesen säumten den See. Es gab so viel zu sehen, dass die Kilometer nur so dahin flogen. Viele Häuser liegen inmitten von altem Baumbestand und Eichhörnchen waren überall anzutreffen. Ein Wehrmutstropfen ist, dass ich eine kleine Schlange überfahren habe. Martin konnte noch ausweichen, mir hat's leider nicht mehr gereicht. Hoffentlich war ich nicht zu schwer für sie, sorry… Eines fällt auf, seit wir Cleveland verlassen haben: es hat viel mehr politische Plakate vor den Häusern. So radelten wir also zwischen Harris- und Trumpbefürwortern durch die Gegend, wobei man sagen muss, dass die Trump-Sympathisanten deutlich in der Überzahl sind. Aber wir wissen ja: zum Glück sagt dies nichts aus zum Endergebnis der Wahlen. Zwei Mal haben wir am See campiert, jedes Mal mit tollem Blick auf das Wasser, Sonnenuntergang inklusive. Das waren nochmals richtige Highlights. Manchmal können wir’s immer noch nicht fassen, welches Wetterglück wir bis heute hatten. Einen Tag Regen auf die vergangenen drei Monate, unglaublich. Nach Meadville ging es wieder rauf und runter. Und wir radelten wieder durch Amish-Gegenden. Auf ihren Farmen verkaufen sie oftmals frische Früchte und Gemüse sowie Selbstgebackenes und Kürbisse. Dann hat Martin nebenbei eine Übernachtungsmöglichkeit in einem B&B erwähnt. Das Riverside B&B in Beaver liegt direkt am Beaver River und nur wenige Gehminuten vom Ohio River entfernt. Und da liess ich natürlich nicht mehr locker. Martin meinte, ich sei wie ein Kettenhund: einmal angebissen, lässt er nicht mehr los. Cathy und Russ haben das Haus total gemütlich mit vielen Antiquitäten eingerichtet. Und am Morgen wurden wir mit einem feinen Frühstück verwöhnt. Hier hätten wir locker noch eine Nacht anhängen können… Jetzt sind wir in Pittsburgh angekommen. Wir haben die Stadt nur durchfahren. Die Preise zum Übernachten, sei es in Hotels oder in AirBnB’s, fanden wir überteuert. Wahrscheinlich hatte dies aber auch mit dem Football-Game der ‘Pittsburgh Steelers’ zu tun. Langsam aber sicher nähern wir uns dem Ende unserer Reise. Wir haben noch rd. 500 Kilometer vor uns, wobei diese noch herausfordernd werden könnten. Wir fahren die Great Allegheny Passage (GAP-Trail) von Pittsburgh nach Cumberland und dann den C&O Canal Trail weiter nach Washington D.C. Beide Trails sind ungeteert. Und dazu kommt, dass die Wetteraussichten tatsächlich nicht so berauschend sind. Für die nächsten Tage sind immer wieder Regen und Gewitter angesagt. Es scheint, als Petrus uns doch noch testen will…

Christa

Columbus - Cleveland (09.09.2024 bis 15.09.2024)


Wie im letzten Bericht angekündigt, sind wir aktuell auf einer Zusatzschlaufe hinauf an den Lake Erie unterwegs. Gestartet sind wir in der Kleinstadt Columbus in Ohio. Mit ihren Hochhäusern wieder einmal eine willkommene Abwechslung zu den Mais- und Sojabohnenfelder der Tage zuvor. Wir haben für drei Nächte in einem AirB&B übernachtet und zwar im German Village. Wie der Name sagt, haben sich hier seinerzeit die Deutschen Auswanderer niedergelassen und ihre Kultur mitgebracht. Und so waren wir in unserem Quartier im Restaurant «Valter's at the Maennerchor» (kein Witz) Abendessen und haben bei einer Portion Spätzle mit Wurst wieder einmal europäische Küche genossen. Auf dem Weg hinauf nach Cleveland sind wir weiter dem «Ohio to Erie-Trail» gefolgt. Die erste Hälfte bestand wieder aus Rail-Trails, die zweite Hälfte aus sogenannten Canal-Trails. Dies sind Wege entlang von alten Schifffahrtskanälen, auf welchen früher die Ware zwischen dem Lake Erie und dem restlichen Ohio transportiert wurde. Da wo früher also die Maultiere die Schiffe von Schleuse zu Schleuse geschleppt haben, schleppten wir diese Woche unser Gepäck nordwärts. Irgendwie passend, oder? Die alten nicht mehr genutzten Wasserkanäle sind heute riesige Biotope für alle Arten von Tieren. Und so sahen wir dutzende von Schildkröten, Vögel aller Art und auch Bisamratten, welche unseren «Murmelis» gleichen. Nicht alle Wege waren geteert, und so rumpelte es zwischendrin teilweise heftig. Prompt hatten wir den ersten kleinen Defekt: Meine hintere Satteltasche verlor eine Aufhängung, so dass die Gepäcktasche bald schräg vom Fahrrad hinunter hing. Aber natürlich hatten wir Ersatzmaterial dabei, so dass der Schaden nach einer Viertelstunde behoben war. Interessant war das «Ohio-Amish-Country» im mittleren Ohio. Hier leben viele Amish-Leute, welche vor allem durch ihre Kleidung und ihre alternative Lebensweise auffallen. Die Frauen tragen ausschliesslich lange Röcke und eine Haube auf dem Kopf. Die Männer andererseits haben alle Hüte auf und sichern ihre Hosen noch traditionell mit Trägern. Aber auch hier findet ein Wandel statt. Vor dem Walmart-Lebensmittelladen in Millersburg treffen wir Amish, welche mit Ross und Wagen, einem Elektrobike oder mit dem Auto anreisen. Von einer Amish-Frau haben wir erfahren, dass es bei ihnen zu Hause nur sehr wenige elektrische Geräte gibt. Gerade soviel wie die Solarzellen versorgen können. Deshalb werden die Elektrobikes auch alle vor dem Walmart an einer öffentlichen Steckdose aufgeladen. Heute machen wir wieder einen Tag Pause, damit wir diesen Bericht pünktlich rausbringen können. Und natürlich ist auch wieder einmal Wäsche waschen angesagt. Wir sind gespannt auf den grossen Erie-Lake, an welchem wir morgen übernachten werden.

Martin

Effingham - Columbus (31.08.2024 bis 09.09.2024)


Pünktlich auf anfangs September wechselte das Wetter von heissen auf angenehme, in der Nacht sogar eher kühle Temperaturen. Man riecht und fühlt schon den Herbst. Und ebenso pünktlich werden hier die ersten Häuser mit Kürbissen und Halloween-Gespenstern dekoriert. In den letzten Tagen fuhren wir viele Velowege und Nebenstrassen, öfters auch auf dem Old Historic Highway 40, welcher die erste staatlich finanzierte Strasse Richtung Westen in den USA war. Und es wurde kontinuierlich dichter besiedelt. Das heisst, etwa alle zwei bis drei Kilometer tauchten zwischen den Mais- und Sojabohnenfelder ein Haus, eine Häusergruppe oder sogar ein kleines Dorf auf. Da sich die Häuser hier bezüglich Form, Farbe und Zustand unglaublich unterscheiden, ist es wieder richtig spannend und unterhaltsam geworden. Martin meint, man müsste vielleicht nicht jedes Haus fotografieren. Aber das fällt mir schwer. Tiere hat es ja bekanntlich seit längerem nicht mehr viele und von den Kornspeichern habe ich auch schon mehr als genug Fotos. Also sind nun die Häuser an der Reihe… Casey war ein schickes Dorf zwischendurch. Wir waren am Popcorn-Festival und haben dort die Autoshow, die vielen Stände und den Holzschnitzer besucht. Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, suchen wir für unsere Pausenstopps immer ein Café aus. Diese sind vielmals sehr originell, wie zum Beispiel das ‘Gypsy Queen Coffee’ in Marshall. Die Eigentümerin Sarah hat dieses vor zwei Jahren eröffnet um nochmals etwas anderes zu machen in ihrem Leben. Zudem hat sie uns ihren Reiseplan für die Schweiz von Mitte September gezeigt… Eine schöne Begegnung hatten wir auch mit Tim beim Tankstellenshop in Camby. Nachdem wir sicher eine halbe Stunde philosophiert hatten (Tim hat Philosophie studiert) und uns dann verabschiedeten, fragte er, ob wir zusammen beten wollen. Eine schöne Geste und ein ganz sympathischer Mann. In Indianapolis haben wir eine Nacht verbracht und uns Downtown angeschaut. Coole Architektur und sympathisch fanden wir, waren aber trotzdem froh, am anderen Tag wieder ‘aufs Land’ hinausfahren zu können. So haben wir den nächsten Campground dann auch wieder für ein Lagerfeuer genutzt. Zwei weitere Begegnungen bleiben uns in Erinnerung: in Xenia trafen wir Dan. Gezeichnet durch einen Hirschlag tourt er heute 10 Monate im Jahr durch die USA und motiviert Leute mit Hirnschädigungen oder Parkinson für das weitere Leben und fürs Velofahren. Sehr eindrücklich! Am gleichen Tag treffen wir auf dem ‘Ohio to Erie Trail’ den Wanderer John mit Hund Rocco. Er trägt mit 35 Kilogramm seine ganze Habe auf dem Rücken und wandert an die Westküste nach Oregon, um dort einen neuen Lebensabschnitt zu starten. Auch unglaublich und nochmals eine ganz andere Liga als mit dem Velo durch die USA! Mittlerweile sind wir nach Illinois und Indiana im Staat Ohio angekommen. Ein anderer Tourenfahrer hat uns eine Strecke weiter nördlich empfohlen. So sind wir im Moment einmal mehr am umplanen und beabsichtigen, ab Columbus in einer nördlichen Schlaufe via Erie Lake nach Pittsburgh zu fahren.

Christa

St. Louis - Effingham (25.08.2024 bis 31.08.2024)


Vier Tage Pause in St. Louis haben gut getan, waren aber auch genug. Der Unterbruch kam gerade zur rechten Zeit. Die Temperaturen waren tagsüber wieder zwischen 35 und 40 Grad und bei einer Luftfeuchtigkeit, dass man die Luft hätte in Stücke schneiden können. Und so haben wir nachmittags viel Zeit in unserem schönen, klimatisierten Appartement in Downtown verbracht. Aber nicht nur. Natürlich liessen wir uns das Highlight von St. Louis, THE ARCH, nicht entgehen. Dieser Bogen, welcher den Gateway zum Westen symbolisiert, ist wirklich ein grandioses Bauwerk und technisch eine Meisterleistung. Das Museum dazu war super interessant. Obwohl… die Räume waren so stark heruntergekühlt, dass wir den Rundgang frühzeitig abbrechen und am nächsten Tag mit einer Jacke zurück kommen mussten. Aber der Museumsbesuch hat sich wirklich gelohnt. Wir haben viel über die Amerikanische Geschichte und die Besiedlung des Westens gelernt. Etwa, dass Napoleon im Jahr 1803 der USA rund ein Drittel der Fläche des heutigen Amerikas für gerade einmal 15 Millionen USD verkauft hat. Oder wie Louis und Clark sich 1804 von St. Louis aus aufmachten, das neu erworbene Land Richtung Westen zu entdecken. Für uns war dies besonders interessant, weil wir ein Grossteil dieser Expeditionsroute mit dem Rad gefahren sind und uns gut vorstellen konnten, wie die Entdeckungsreise abgelaufen ist. Nach unserem mehrstündigen Museumsbesuch hätten wir den Amerikanischen Einbürgerungstest wohl mit Höchstnote bestanden 😉. St. Louis selber hat schönere und weniger schöne Quartiere. Wir denken, dass die Stadt gerade einen Transformationsprozess durchläuft. Von einer industriegeprägten Hafenstadt am Mississippi zu einem dienstleistungsorientierten Wirtschaftszentrum. So wechseln sich heruntergekommene Viertel mit schön renovierten Häusern und grünen Parks ab. Eigentlich müsste man in zehn Jahren wieder kommen und schauen, wie es dann aussieht. Inzwischen haben wir die Grossstadt hinter uns gelassen und sind wieder zwischen Mais- und Sojabohnenfelder unterwegs. Aber mit Indianapolis wartet schon die nächste Metropole auf uns.

 Martin

Excelsior Springs - St. Louis (18.08.2024 bis 25.08.2024)


Auch der diesjährige Hochzeitstag bleibt mir in schöner Erinnerung. Die Campsite beim Red Brick Farmhouse ausserhalb von Higginsville entpuppte sich als eine der Schönsten unserer ganzen Reise. Hinter einem schmucken Wohnhaus und umgeben von altem Baumbestand und Maisfeldern konnten wir unser Zelt aufstellen und haben einen tollen Abend, Vollmond inklusive, genossen. Dann sind wir in Booneville für rund 230 Kilometer in den Katy-Trail eingebogen. Der Weg ist nicht ganz so spektakulär. Meistens verläuft er auf bewaldeten Kieswegen. Dies hat den Vorteil von angenehmen Temperaturen und man spürt den Gegenwind nur minimal, dafür sieht man aber nicht so viel. Alle 20-30 Kilometer taucht dann ein Bahnhofshäuschen auf. Dieses liegt entweder alleine an der Strecke oder ist von ein paar bewohnten oder unbewohnten Häusern umgeben. Diese bringen doch eine willkommene Abwechslung. Und zwischendurch präsentiert sich immer mal wieder der breite Missouri. Teilweise ist der Wald ziemlich dicht und erinnert zusammen mit einem etwas modrigen Geruch an Urwald. Und nachts geht dann die Post ab: Koyoten heulen, Eulen und Vögel rufen einander zu und die Zirkaden zirpen auch ziemlich laut. All das gehört natürlich zum Campen dazu 😉. Dank einem Tipp eines Velofahrers haben wir eine Nacht auf dem City Campground in Hermann verbracht. Hermann wurde 1837 von Deutschen Auswanderern gegründet. Wer mag, kann im ‘Hermann Wurst Haus’ einen typischen Znacht essen und dazu einen lokalen Wein trinken. Darauf haben wir verzichtet, jedoch von der Stadt Hermann selber mit ihren schönen Häusern einen sehr guten Eindruck mitgenommen. Unter dem Motto «Zufälle gibt’s» haben wir auf dem Trail Wayne getroffen. Er war während 12 Jahren Veloguide in Riccione bei Rimini. Also dort, wo Martin und ich für ‘Hürzeler Radreisen’ im Mai 2025 unsere nächste Tour organisieren… Ebenfalls hat uns Oded für rund 15 Kilometer auf dem Fahrrad begleitet und uns viel über Missouri erzählt. Mit Einheimischen zu reden, ist immer wieder spannend. Seit wir in Missouri sind fallen uns vermehrt edle Häuser mit ihren Säulen auf, die typische Südstaaten-Architektur. Auf Nebenstrassen, gesäumt von eben solchen schönen Häusern, sind wir nach St. Louis reingefahren. Hier pausieren wir ein paar Tage und lassen die Velos stehen.

Christa

Omaha - Excelsior Springs (12.08.2024 bis 18.08.2024)


Wir sitzen gerade vor unserem Bed & Breakfast in Excelsior Springs auf einer bequemen Couch und essen unsere kleinen Kuchen, welche wir gestern auf dem Farmers Market gekauft haben. Perfekt, um wieder einen wöchentlichen Bericht zu schreiben. Hier in dieser Kleinstadt läuft gerade nicht viel. Leute hat es praktisch keine auf der Strasse, vielleicht weil es Sonntag ist. Gerade einmal ein Restaurant hat heute Abend geöffnet. Immerhin ist es eine Brewery. Da gibt es neben Burger auch immer gute Salate und natürlich ein kühles Blondes 😉. Wir bewegen uns aktuell zwischen riesigen Mais- und Sojafeldern auf engen Nebenstrassen mit sehr wenig Verkehr. Hie und da eine Farm. Und dann taucht plötzlich wieder ein schmuckes Städtchen auf, das man nicht erwartet hätte. Seit ein paar Tagen geht es auch wieder rauf und runter. Nicht die grossen langen Steigungen, sondern kleine, giftige Anstiege mit teilweise über 10%. Dreissig, vierzig Höhenmeter rauf und anschliessend das Gleiche wieder bergrunter. Und dies wiederholt sich gefühlte hundert Mal am Tag. Ich sagte Christa, dass man die Anstiege positiv sehen müsse: Was man rauffährt, kann man auch wieder runter fahren. Sie sagte nichts dazu… Immerhin ist das Ende der «Rolling-Hills» aber absehbar. In zwei Tagen biegen wir bereits auf den Katy-Trail ein, wieder ein ehemaliges Bahntrassee, welches zum Radweg umfunktioniert wurde. Da kann es keine «Rolling-Hills» mehr haben, die alten Dampflocks hätten das nicht mitgemacht. Eine schöne Übernachtung genossen wir bei Lona im Country Diamond Inn in Sidney. Seit sechs Jahren führt sie dieses kleine B&B und wir durften in ihrer Küche das Nachtessen kochen und auf der Porch hinter dem Haus die Abendsonne geniessen. Übrigens: Wir waren in der letzten Woche in insgesamt vier Bundesstaaten unterwegs: Zuerst in Nebraska, dann ein paar Tage in Iowa, einen Tag in Kansas und ab gestern in Missouri. Fast wie im Dreiländereck von Basel! Wettermässig haben wir es mal wieder optimal. Gerade gestern stellten wir fest, dass wir lediglich an einem Tag seit unserem Grenzübertritt in die USA den Regenschutz überziehen mussten. Die letzten zwei Tag waren zwar nochmals etwas tropisch, leicht über 30 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von 90%. In der Zwischenzeit hat es aber leicht abgekühlt, so dass die Temperaturen zum Radfahren nun optimal sind. Wir hoffen, es bleibt noch eine Weile so. Die Wetteraussichten sind gut...

Martin

Chamberlain - Omaha (03.08.2024 bis 12.08.2024)


Dass ich, als ‘Sonnenkind’, das sage, hätte ich nicht gedacht. Aber ich war tatsächlich froh um die Wolkendecke am Abfahrtstag in Chamberlain. Nicht mehr bei stechender Sonne fahren, schön! Der dichte Morgennebel und nur 15 Grad (nach 40 Grad am Vortag) waren dann aber fast etwas zu viel des Guten… Wir sind nun in die ACA-Route ‘Lewis and Clark’ eingebogen, in den Trail, der nach der ersten amerikanischen Überlandexpedition benannt ist. Einen Teil davon, weiter nördlich, haben wir schon im 2019 befahren. Für die nächsten vielen Kilometer werden wir dem Missouri River folgen, bis dieser dann in St. Louis in den Mississippi fliesst. Die Gegend ist weiterhin sehr landwirtschaftlich geprägt. Wir befinden uns ja auch in der Kornkammer Amerikas (Great Plains). Teilweise sieht es aus wie bei uns im Zürcher Unterland, nur alles etwas grösser und flacher. Sogar die Kühe würden als Schweizer Vieh durchgehen. Ein schönes Erlebnis hatten wir in der Kleinstadt Wagner. Auf einer Baustelle wurde der ganze Verkehr angehalten, bis wir die zwei Kilometer durchgefahren waren. Kein Hupen und kein Schimpfen der Autofahrer. Im Gegenteil: Uns wurde zugewunken und freundlich zugelächelt, als wir an der Kolonne vorbei fuhren. Ich habe dann im Dorf noch eine Zusatzrunde gedreht, um einen Kornspeicher zu fotografieren. Diese faszinieren mich. Aber über alles ist unsere Foto-Quote doch stark gesunken in den letzten Tagen 😉. Einen tollen Abend hatten wir auf dem KOA-Campground in North Sioux City mit unseren Camp-Nachbarn aus Memphis. Eigentlich wollte ich ein paar grosse Wohnmobile fotografieren als mich Lois ansprach und auf ein Glas Wein einlud. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen. Ihr Ehemann Mike war am Kochen. Kurz darauf kam dann auch Martin (er hätte eigentlich auch kochen sollen…) und gesellte sich zu uns. Und kurzerhand wurden wir von den Beiden zum z’Nacht eingeladen. Toll war’s! Am nächsten Tag entdeckten wir einen ganz sympathischen Coffee-/Antiquitätenshop in Sloan. Gegründet vor fünf Jahren von Peggy und Richard, als sie sich frühpensionieren liessen und nochmals etwas Neues ausprobieren wollten. Auf unsere (typisch schweizerische) Aussage, das sei dann schon sehr mutig, im ‘Nirgendwo’ eine solche Investition zu tätigen, meinten sie, sie seien ja in der Nähe der Autobahnausfahrt und nur 20 Fahrminuten von der nächsten grossen Stadt. Es laufe sehr gut! Am Abend auf dem Campground in Onawa hat uns Colonel Lloyd Buzzell eine seiner Ehrenmedaillen überreicht, welche er für seine 40 Jahre in der Airforce erhalten hat. Er wollte uns damit seine Anerkennung für unsere Veloreise ausdrücken. Fanden wir irgendwie cool… Nun geniessen wir Omaha und sein historisches Viertel ‘Old Market’. Mittlerweile haben wir mehr als die Hälfte unserer Tour geschafft. Wir beide sind uns einig, dass dies bis anhin die Schönste unserer Amerika-Velotouren ist. Sehr abwechslungsreich, verkehrsarme Strassen sowie wieder viele tolle Erlebnisse und Begegnungen; was will man mehr.

Christa

Keystone - Chamberlain (27.07.2024 bis 03.08.2024)


Wir haben die hohen Berge nun definitiv hinter uns gelassen und sind wieder in der Prärie unterwegs. Für uns ist diese Gegend aber deutlich anstrengender als die vielen Aufstiege der letzten Wochen. Einerseits sind die Strecken länger und bieten andererseits nur wenig Abwechslung, sind also vor allem mental eine Herausforderung. So sassen wir nach Rapid City in die Badlands rund siebeneinhalb Stunden im Sattel, ohne an einem Dorf vorbei zu kommen. Pause machen kann man, steht dann aber am Strassenrand in der Sonne, weil Bäume hat es auch keine. Auch die Hitze (bis 40 Grad) macht uns etwas zu schaffen. Wir versuchen zwar, möglichst gleich nach Sonnenaufgang zu starten, mit dem Ziel, früh am Bestimmungsort anzukommen. Wenn dann aber die zugewiesene Campingsite wie in Interior an der prallen Sonne liegt, bringt diese Taktik auch nur bedingt etwas. So sind wir auf diesem Zeltplatz rund vier Stunden im Schatten vor der Rezeption gesessen und haben unser Zelt erst nach sieben Uhr abends aufgestellt. Immerhin kühlte es dann in der Nacht deutlich ab und wir hatten ein paar gute Gespräche mit anderen Campern. Etwas Abwechslung bot der Badlands National Park. Dank der frühen Abfahrt kamen die Felsformationen in der Morgensonne besonders gut zur Geltung. Tiere sieht man hier hingegen fast keine mehr, wenn man die Grashüpfer nicht mitzählt. Von diesen hat es mehr als genug, auch ziemlich grosse Exemplare. Verhungern kann man hier nicht, das Protein liegt direkt auf der Strasse… Etwas speziell war diese Woche das Hotel mit dem klingenden Namen The Stroppel Hotel and Mineral Bath in Midland. Ein Hotel gebaut in den 1930er-Jahren und seither gefühlt nicht mehr renoviert. Wir wussten aber über den Zustand des Hotels Bescheid und machten hier aus zwei Gründen einen Stopp: Einerseits, weil das Hotel ein Mineralbad mit heilender Wirkung anbietet und andererseits, weil es keine Alternative gab. Der Baderaum sah zwar eher aus wie eine Folterkammer, meinem zwickenden Rücken hat das heisse Wasser aber nicht schlecht getan. Man lernt hier wieder Bescheidenheit und wird sich bewusst, wie perfekt bei uns alles unterhalten ist. Die Hotelbetreiber tun einem fast ein wenig Leid: Zukunftsperspektiven gleich Null. Aber auch Glück hatten wir in den letzten Tagen. In Sturgis findet aktuell wohl der grösste Motorradtreff der USA statt. Über eine halbe Million (!) Biker treffen sich da für ein Rally durch die Black Hill Mountains. In dieser Gegend waren wir ja vor gut einer Woche und haben geschwärmt, wie schön es war. Wären wir eine Woche später unterwegs, hätten wir die Black Hills wohl abschreiben können. Selbst hier, rund 400 km entfernt hat es noch tausende, knatternde Harley-Biker, welche sich auf dem Weg zum Rally befinden.

Martin

Gillette - Keystone (19.07.2024 bis 27.07.2024)


Imposant war er, der Devils Tower. Um diesen ranken sich viele Geschichten der American Natives. Heute ist er vor allem ein Mekka für Kletterer. Nach Montana und Wyoming sind wir inzwischen im Staat South Dakota eingetroffen.  Die Fahrt durch den Spearfish Canyon war genial. Rund 35 Kilometer windet sich die Strasse durch diese Schlucht, die älter ist als der Grand Canyon und zu den Black Hill Mountains gehört. Diese verdanken ihren Namen den von oben Schwarz aussehenden Kieferwäldern. Gefreut hatte ich mich schon lange auf die Übernachtung in der Spearfish Lodge in Savoy. Diese Lodge habe ich bereits bei der Planung zuhause mit ‘schön’ markiert und ich musste gar keine grosse Überzeugungsarbeit leisten, hier zu stoppen 😉. Am Abend hat uns ein Film-Team gefragt, ob sie uns zu Werbezwecken beim Essen filmen dürfen. Klar, aber weshalb sie uns zwei Hübschen schlussendlich nur von hinten über die Schultern filmten, verstehen wir nicht ganz… Und dann war wieder eine ungeteerte Etappe angesagt. In Rochford bogen wir für rund 30 Kilometer auf den Mickelson Trail ein, ein 109 Meilen langes ehemaliges Bahntrassee, welches über unzählige Brücken und durch vier Tunnels führt. Der Weg ist zahlungspflichtig und dass alles konform abläuft, dafür sorgt die velofahrende ‘Trail Patrol’. Wir haben Carla beim Trail-Head angetroffen. Sie fährt den ganzen Tag in Etappen hin und her und kontrolliert. Ebenfalls auf diesem Trail sind uns Nancy und Marc aus Dallas begegnet. Sie sind schon unzählige ‘Rail Trails’ in den USA gefahren und haben uns vorgeschwärmt, auf was wir uns noch freuen dürfen. Wir verbrachten einen unterhaltsamen Moment mit ihnen, inklusive kleinem politischen Diskurs. Ein weiteres Highlight war die Fahrt in den Custer State Park. Zuerst viele Höhenmeter und Kurven hinauf auf ca. 1'900 MüM und dann über den beeindruckenden Needles Highway hinunter zu unserem Campground ‘Game Lodge’. Der Highway ist gesäumt von massiven, spitzen Granit-Felsformationen sowie Pinien- und Fichtenwälder in tieferen Lagen. Wenig Verkehr vervollständigten einen Traumtag. Aber es war noch nicht fertig: als die Rangerin erzählte, dass sich beim Eingang zum Wildlife-Loop eine Bisonherde von rd. 1'000 Tieren versammelt hat, packten wir nochmals unsere Velos und fuhren los. Wir konnten uns nicht aufs Zählen konzentrieren, da wir sicherstellen mussten, nicht irgendwo zwischen die die Strasse überquerenden Bisons zu gelangen. Und zwischendurch hatten wir auch Zweifel, ob Martins rotes Trikot wirklich die geeignete Farbe hatte für diesen Ausflug. Aber, alles gut gegangen! Zum Schluss dieser Woche gelangten wir zum beeindruckenden Mount Rushmore. Das von 1927 bis 1941 erbaute Denkmal zeigt die Köpfe der vier bis dahin bedeutendsten Präsidenten der USA, G. Washington, T. Jefferson, T. Roosevelt und A. Lincoln. Ein unglaubliches Werk.

Christa

Cody - Gillette (12.07.2024 bis 19.07.2024)


Nach dem Yellowstone N.P. sind wir auf die ACA-Veloroute «Parks, Peaks and Prairies» eingebogen. Der Name könnte nicht treffender sein. So sind wir nach einer Flachetappe in die Big Horn Mountains reingefahren und haben mit dem «Granite Pass» (2'750 MüM) den höchsten Punkt unserer Reise überquert. Unserer Meinung nach wären es die Big Horn Mountains wert, zu einem Nationalpark erklärt werden. Wunderschöne Landschaften und eine grandiose Passstrasse mit Spitzkehren auf beiden Seiten und mit praktisch keinem Verkehr. Auf der Ostseite haben uns die langersehnten Moose erwartet, was ich als von mir organisierte Geburtstagsüberraschung an Christa verkauft habe 😉. Drei Moose-Bullen auf einmal und eine Moose-Kuh mit ihrem Jungen direkt vor dem Campingplatz. Nicht schlecht, oder? Erzählen müssen wir unbedingt auch von Texas-Dave. Dave lebt eigentlich in Texas, verbringt den Sommer aber seit Jahren in Shell (kleines Dorf am Fusse der Big Horn Mts). Und da haben wir ihn an einem morgendlichen Stammtisch zusammen mit anderen «Locals» im einzigen Café weit und breit getroffen. Wir erzählten von unserem Plan, in den Big Horns auf rund ¾-Höhe auf einem Campingplatz zu übernachten. Dave hat sich das gemerkt. Am späteren Nachmittag, als wir von den vielen Fliegen im Zelt bereits Zuflucht gefunden hatten, hörten wir plötzlich ein Motorrad vorfahren. Wir dachten schon, jemand will uns unseren Campingplatz streitig machen. Aber siehe da: Texas-Dave stand vor der Tür und brachte uns ein paar kühle Bierchen vorbei. Und da soll noch jemand sagen, die Amerikaner seien oberflächlich! Seit den Big Horn Mts sind wir in der Prärie unterwegs. In Clearmont trafen wir auf Bob, welcher mit dem Fahrrad von Chicago nach Los Angeles zu einer Klassenzusammenkunft fährt. Wir haben ihm für die Nacht in unserer vorgebuchten Cabin spontan Unterschlupf gewährt. Er war froh, dass er die nachmittägliche Hitze und das abendliche Gewitter mit Hagel nicht im Zelt verbringen musste. Auch so lernt man Leute kennen. Die letzte Etappe führte uns schliesslich von Clearmont nach Gillette. Rund 110 km durch Niemandsland, ohne einen Quadratmeter Schatten. Start war um 06.15 Uhr kurz nach Sonnenaufgang. Und so passierten wir die einzig mögliche Verpflegungsstation «Spotted Horse Bar» bereits um 09.30 Uhr. Natürlich war die Bar um diese Zeit noch geschlossen . Aber wir hatten vorgesorgt und waren froh, dass wir sechs Liter Wasser dabei hatten. Christa war wie eine Maschine unterwegs, den vielen gesammelten roten Blutkörperchen der letzten Tage sei Dank!

Martin

West Yellowstone - Cody (04.07.2024 bis 12.07.2024)


Das waren ein paar ganz tolle Tage im Yellowstone National Park. Aber zuerst nochmals zurück nach West Yellowstone, wo wir den Amerikanischen Nationalfeiertag, den 4. Juli, verbrachten. Natürlich durfte da die typische Parade nicht fehlen. Zudem gab es ein tolles Country-Konzert im Stadt-Park und zum Abschluss ein Feuerwerk. Die Parade war wie erwartet etwas schräg und laut, aber für uns durchaus unterhaltend. Auf Empfehlung von Larry und weiteren Velofahrern haben wir unsere Route ab West Yellowstone umgeplant. Aufgrund des starken Verkehrs wurde uns angeraten, den Grand Teton National Park auszulassen, was wir mit doch etwas Wehmut gemacht haben. Zudem gab es im Canyon Village im Yellowstone N.P. eine Schiesserei mit nachfolgender Schliessung des Campgrounds, was uns nochmals zu einer Routenanpassung zwang. So sind wir dann von Westen her in den Yellowstone Park reingefahren und wurden da bereits von einer kleinen Bisonherde begrüsst. Pünktlich auf unsere Tage im Park, wo wir wieder konstant auf einer Höhe von über 2'000 MüM campierten, wurde das Wetter wärmer und die Sonne schien prachtvoll. Aber trotzdem wurde es in den Nächten doch wieder kalt und ich musste alle Schichten montieren, die zur Verfügung standen. Natürlich haben wir auch bei den verschiedenen Geysiren Halt gemacht. Beim Yellowstone-Gebiet handelt es sich ja um einen Supervulkan und das grösste Geysir-Gebiet der Welt. Die strahlende Sonne hat uns ermöglicht, die intensiven Farben der Geysirbecken in tollen Fotos festzuhalten. Auch wenn Martin kein Fan dieser natürlichen Springbrunnen ist, kam auch ihm manchmal ein ‘schön’ über die Lippen… Von Bärensichtungen können wir leider nicht berichten, 2x knapp verpasst. Aber wir haben doch ein paar ganz schöne Tierszenen beobachten können: spielende und springende jungen Bisons, einen Koyoten bei der Jagd seines Frühstücks (ein Streifenhörnchen hats erwischt) und riesige Hirsch-Bullen auf unserem Campground. Und einen klaren Vorteil hat das Velofahren in einem viel besuchten Nationalpark: wir können an allen stehenden Kolonnen vorbei fahren und müssen nicht auf frei werdende Parkplätze warten. Eine Hammer-Etappe hatten wir dann bei der Park-Ausfahrt Richtung Osten bis Cody. Praktisch kein Verkehr und eine sehr abwechslungsreiche Landschaft, unter anderem dem Shoshone River entlang durch das Wapiti Valley. Mit dem Sylvan Pass auf 2'600 MüM haben wir auch den bisher höchsten Punkt unserer Reise überquert. Und wieder eine hilfsbereite Person angetroffen: Marilyn, vom Park Info-Center, öffnete uns ein Gittertor und liess uns eine eigentlich abgesperrte Strasse fahren, damit wir nicht durch die Tunnels mussten. Und dann kamen wir in Cody an (benannt nach William Cody, genannt Buffalo Bill) und landeten mitten im wilden Westen. Nebst einer Wild-West-Show auf der Strasse haben wir auch das örtliche Rodeo besucht. Und ich habe mit ‘Norman’ eine alternative Fortbewegung ausprobiert… Die nächsten Tage stehen im Zeichen von steigenden Temperaturen. Es wird bis 40 Grad und viele Höhenmeter sind angesagt.

Christa

Missoula - West Yellowstone (26.06.2024 bis 04.07.2024)


Von Missoula gings erst einmal rund 140 km südlich. Die erste Hälfte bis Hamilton war stark vom Auto- und Lastwagenverkehr befahren. Glücklicherweise hatte es auf dieser Strecke aber einen separaten, von der Hauptstrasse abgetrennten Radstreifen. Sehr ungewöhnlich für diese Gegend, aber super für uns! Dabei kamen wir vorbei an Darby, einer kleinen Stadt, wie in einem Western. Holzhäuser und Saloons sind hier noch an der Tagesordnung. Hier wird im Übrigen die Serie Yellowstone mit Kevin Costner gedreht, welche auf Netflix läuft. Natürlich wollte Christa auch die im Film vorkommende «Yellowstone-Range» besuchen oder mindestens abknipsen. Aber nix wars, alles weiträumig abgesperrt. Die Gegend passt perfekt für einen Cowboy-Film. Alles sieht hier wie im Wilden Westen aus. Teilweise etwas ausgeleiert, aber mit viel Charme. So auch die ehemalige Goldgräberstadt Virginia City. Das grosse Goldfieber dauerte hier von 1863 bis 1875. Überall sieht man noch heute Kiesberge aufgetürmt, die Überreste des durch die Gold-Dredges durchgepflügten Bodens. Die riesigen, verrosteten Dredges findet man noch heute am Strassenrand liegen. In Virgina City kann man noch viele ursprüngliche Häuser von innen besichtigen. Auf kleinen Tafeln sind jeweils die Geschichten der ehemaligen Eigentümer zu lesen. Spannend… Für all jene, die es nicht bereits auf dem Höhenprofil gesehen haben: wir befinden uns stetig auf einer Höhe zwischen 1'000 und 2'200 M.ü.M. Wir haben in der Zwischenzeit schon einige Pässe überquert und die Temperaturen sind recht angenehm, so um 20 Grad. Ein nächtliches Gewitter hat unser neues Zelt auch schon einem Test unterzogen… mit Bravour überstanden 😊. Ach ja… zwei Highlights habe ich noch. In Jackson, Montana, ein Dorf mit einer Ausdehnung von rund 300 Meter Länge, kann man in einer heissen Quelle (Hot Springs) baden gehen. Das haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Die Badeanlage ist optisch zwar etwas in die Jahre gekommen und würde bei uns wohl die behördlichen Auflagen nicht mehr erfüllen. Aber für unsere Muskeln war das Balsam und das Drumherum egal. Und dann war da noch Larry. Er ist seit vielen Jahren Host von Warmshowers und bietet vorbeiziehenden Radlern in seinem Haus jeweils eine warme Dusche und ein Bett oder einen Zeltplatz an. Natürlich alles gratis. Als er auf seinem Anwesen aber einmal rund 30 Velofahrer beherbergen musste (er konnte nicht Nein sagen), sagte ihm seine Frau, dass er etwas ändern müsse. Und so hat er vor sieben Jahren ein Projekt ins Leben gerufen, welches Radfahrern auf dem Gelände der Stadt Dillon einen Platz zum Campieren gratis zur Verfügung stellt, inkl. warmer Dusche, Küche und kleiner Fahrradwerkstatt. Larry war es dann auch, welcher uns viele Tipps für unsere weitere Reise gegeben hat, insbesondere auch für unsere Durchfahrt durch den Yellowstone Nationalpark, in welchem aktuell Hochsaison ist. Diesen werden wir ab morgen besuchen, alles dazu im nächsten Bericht.

Martin

Columbia Falls - Missoula (22.06.2024 bis 26.06.2024)


Da sind wir schon wieder mit einem Bericht, der Nächste dauert dann etwas und folgt aus dem Yellowstone National Park. Heute ziehen wir einen Ruhetag ein in der Universitätsstadt Missoula. Seit wir in Columbia Falls abgefahren sind, geniessen wir die Sonne. Und so langsam wird auch meine Wohlfühltemperatur erreicht, herrlich! Kurz nach unserer Abfahrt posierte für uns, nein, wahrscheinlich vor allem für Martin, ein prächtiger Weisskopf Seeadler. Wir erleben Montana von seiner schönen Seite. Intensives Grün sowie weite Ebenen mit Hügeln und Farmen begleiten uns über viele Kilometer. Einmal mehr fasziniert uns dieser Staat. Was etwas weniger begeistert sind die lauten Pick Up’s und Camping Trailers. Obwohl wir viele Seitenstrassen fahren, gibt es natürlich immer wieder Abschnitte mit Verkehr. Bis jetzt empfinden wir die Autofahrer aber als sehr rücksichtsvoll. Was uns bis jetzt erstaunt, ist wie wenig politische Plakate es vor den Häusern hat, ist doch der Wahlkampf hier in vollem Gange. Unterwegs treffen wir wieder verschiedene Leute. Interessant ist J.B., der Farmer, mit dem wir im Niemandsland bei einer Tankstelle ins Gespräch kommen. Er ist 77 und erzählt uns von seiner Leidenschaft als Läufer. Drei Rennen à 100 Meilen ist er bereits gelaufen, nebenbei auch noch unzählige Marathons. Heute widmet er sich aber vor allem seinen Kühen und Hühnern und stellt sicher, dass diese nicht von Grizzlies oder Pumas gefressen werden. Bei der gleichen Tankstelle sticht auch ein ziemlich ramponiertes Auto hervor. Woher die vielen Einschusslöcher kommen, möchten wir nicht wissen. Einen ganz tollen Campingplatz finden wir am Seeley Lake. Unser Platz hat direkten Seeanstoss und Martin geniesst ein Bad im für mein Empfinden noch viel zu kalten See. Ein Lagerfeuer und ein feiner Znacht vom Grill runden diesen schönen Tag ab. Die Camping-Hosts bringen uns für die Nacht noch eine Bärenbox vorbei und weisen uns nochmals darauf hin, wirklich kein Essen im Zelt aufzubewahren. Wohl wurde dieses Jahr noch kein Bär auf dem Campingplatz gesichtet, aber es ist immer besser vorzubeugen und die Bären erst gar nicht in Versuchung zu führen. Hier in Missoula befindet sich der Hauptsitz der American Cycling Association. Natürlich haben wir uns auch in die ‘Hall of Fame’ aufnehmen lassen, mit original Schweizer Fahne.

Christa

Pincher Creek - Columbia Falls (16.06.2024 bis 22.06.2024)


Ich sitze wieder auf demselben «Campingplatz-Bänkli» in Columbia Falls wie auf unserer Radtour vor fünf Jahren und schreibe hier unseren Bericht. Bei gerade einmal 1 Grad und strömendem Regen sind wir zu dieser Woche gestartet und nun bei rund 25 Grad und Sonnenschein hier angekommen. Dank unserer guten Regenbekleidung konnte uns das anfänglich schlechte Wetter nicht allzu viel anhaben. Wir waren aber froh, bei der Kälte in ein warmes Hotelzimmer einchecken zu können und nicht wie andere auf dem lokalen Campingplatz von Waterton Village übernachten zu müssen. Dies umso mehr, als wir am nächsten Morgen mit Schnee aufgewacht sind. Aber auch diese Wetterkapriolen gingen vorbei und wir starteten guten Mutes Richtung Grenze USA. Im Niemandsland, fern von jeder Zivilisation, kam plötzlich ein Hund aus dem Gebüsch, freundlich dreinschauend und mit wedelndem Schwanz. Wir schienen ihm sympathisch zu sein und er beschloss, sich uns anzuschliessen. Und so begleitete er uns über mehrere Kilometer, von seinem «Herrchen» fehlte jede Spur. Wir versuchten ihn zu verscheuchen, aber keine Chance. Wir waren wohl zu sympathisch. In gefährlicher Manier jagte er vorbeifahrenden Autos nach oder versuchte diese durch waghalsige Manöver zu stoppen. «Maple 2», so haben wir ihn nachträglich benannt, suchte offensichtlich jemand, der ihn mitnimmt. Aber was tun, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist? Kein Halsband, nix. In glücklicher Fügung konnten wir schliesslich das Fahrzeug einer Park-Rangerin stoppen und es gelang uns mit Würstchen aus unserem Proviant ihn in das Ranger-Auto zu locken. Nun wünschen wir «Maple 2» alles Gute und hoffen, dass er in gute Hände kommt… Der Grenzübertritt in der Folge verlief problemlos: Fingerabdrücke geben, Verbrecherfoto aufnehmen, Fragen zu unseren Plänen in den USA usw. Schliesslich aber wurden wir mit guten Wünschen in die USA eingelassen und sind jetzt in einer uns mehr oder weniger bekannten Gegend rund um den Glacier Nationalpark unterwegs. Wir waren bereits dreimal hier, aber noch nie im Teil von «Two Medicine». Grund genug also, einen Abstecher dahin zu machen. Und wir wurden nicht enttäuscht: Wunderbares Bergpanorama, kristallklare Seen und Mountain-Goats auf dem Campingplatz. Was will man mehr! Inzwischen sind wir viel bergab gefahren und am Fusse der Rockies angekommen. Hier geniessen wir die wärmeren Temperaturen und freuen uns, wenn wir am Morgen nicht erst das nächtliche Eis vom Camping-Bank abschaben müssen…

Martin

Calgary - Pincher Creek (09.06.2024 bis 16.06.2024)


Wow, das war vielleicht eine Startwoche. Aber alles der Reihe nach. Bei gutem Wetter sind wir in Calgary losgefahren. Bald merkten wir, es ist ein anderes Losfahren: einerseits starteten wir auf einer Höhe von 1'000 MüM, was kühlere Temperaturen und dünnere Luft als bei den vormaligen Touren bedeutete. Andererseits begrüsste uns in diesen ersten Tagen ein starker West-/Südwestwind, was wir uns eigentlich auch nicht gewöhnt waren 😉. Aber bereits nach zwei Tagen legten wir bei Kirsten und Lyle in Canmore einen ersten Ruhetag ein, besuchten von dort das Städtchen Banff und fuhren mit der Gondel zum Sulphur Mountain hoch. Wir genossen die tolle Gastfreundschaft von Kirsten und Lyle und freuten uns, von ihren unzähligen Veloabenteuern zu hören. Sie rieten uns dann auch, unsere ursprünglich geplante Route anzupassen. Und so fuhren wir wieder 25 Kilometer zurück und von dort über den 2'200 Meter hohen Highwood Pass. Dies ist der höchste, asphaltierte Passübergang Kanadas und war an diesem Tag noch gesperrt für die Autos. Toll! Nachts wurde es richtig kalt. Da auch unser neues Zelt noch keine integrierte Heizung hat, mussten wir auf unsere altbewährte Wärmeunterwäsche zurückgreifen. Drei Grizzly Bären (wovon eines mit einem Jungen) sind wir schon begegnet. Die Moose-Mama mit ihrem Jungen war leider zu schnell weg für ein Foto. Was für Highlights schon in der ersten Woche! Doch dann wurde es ruppig. Wir wollten 120 Kilometer auf ungeteerter Strasse durch das Hinterland fahren. Die ersten rund 60 Kilometern waren noch gut, doch dann hatten die Kanadier die glorreiche Idee, die Strasse neu einzukiesen. Mit unseren schmalen Pneus sanken wir bis fünf Zentimeter tief ein und kamen praktisch nicht mehr vorwärts. Und so war dann Velo schieben angesagt. Zum Glück nahm uns Truckfahrer Derek für rund 60 Kilometer mit. Jetzt geht es weiter auf feinem Asphalt.

Christa

Calgary (06.06.2024 bis 09.06.2024)


Gut geklebt ist die halbe Miete! Und so hat Christa unsere Kartonboxen für die Fahrräder und das Gepäck wieder einmal mit gefühlten zwei Rollen Klebebändern verstärkt. Resultat: Unser Gepäck kam an, wie in Zürich-Kloten aufgegeben. Alles perfekt und ohne Schaden! Somit hätten wir eigentlich die drei Nächte hier in Calgary auf zwei abkürzen können. Da wir aber in zwei Tagen eine Unterkunft in Canmore via warmshowers.org bei einem pensionierten Ehepaar reserviert haben, fahren wir nicht früher los und besichtigen heute nochmals das sympathische Calgary. Die Aussicht vom Calgary Tower war super. Und in der Ferne waren die Rocky Mountains zu sehen, welche wir in ein paar Tagen unter die Räder nehmen werden. Uns wird immer wieder nachgesagt, dass wir nach den geplanten 6'500 Kilometern wohl mit dicken Oberschenkeln nach Hause zurückkehren werden. Wir möchten diesem Mythos auf den Grund gehen und ich habe deshalb den Umfang meines linken Oberschenkels und meines linken Wädlis kurz vor der Abreise gemessen. Resultat: Oberschenkel = 550 mm / Wädli = 360 mm. Was werden wir ihn Washington DC messen? Ihr könnt uns bis Ende August Eure Schätzungen in der Kommentarspalte bekannt geben. Also werft bei den Fotos jeweils einen Blick auf meine Beine. Zu gewinnen gibt es immerhin Ruhm und Ehre!

PS: Den Bauchumfang von Christa haben wir vor Abfahrt auch gemessen, geben diesen aber hier nicht bekannt 😉.

Martin

Vorbereitung und Anreise nach Calgary (bis 06.06.2024)


Ja, schon bald sind wir wieder unterwegs. Und noch einmal wird uns die Route quer durch die USA führen. Wir geben es zu: uns fasziniert die Weite dieses Landes, die schönen National- und Naturparks, die faszinierende Tierwelt, die spontanen und aufgeschlossenen Amerikaner und natürlich die einmaligen Camping-Plätze (die Politik blenden wir aus!). Und das alles kann mit dem Velo erlebt werden... Aufmerksamen Lesern wird auffallen, dass das Zelt neu ist. Und dieses Mal haben wir auch noch eine optionale Route ab St. Louis (Missouri). Sollten wir Lust und die Kraft haben für Berge und Höhenmeter, nehmen wir die Variante südwärts Richtung Great Smoky Mountain National Park und die Appalachen Mountains. Als Vorbereitung hat Martin dieses Mal auch die Wurftechnik geübt, um eine Velotasche 'bärensicher' an einen Baum hängen zu können. Ausprobiert haben wir dies im Wald oberhalb von Bülach und wurden da natürlich gleich von Joggern und Spaziergängern nach dem Grund dieser Übung ausgefragt. Die Kommentare dazu lauteten 'neuer Tarzan?' (das war unser Nachbar Dominik) oder auch 'euch zuschauen ist ja wie im Kino...' oder dann 'vielleicht müsst ihr schon am Morgen mit Werfen anfangen...'. Auf jeden Fall haben wir das Check-In nun hinter uns und freuen uns auf die Reise Morgen nach Calgary.

Christa